Ungewissheit bei Residence Visa
Tipps für einen reibungsloseren Ablauf der Antragsbearbeitung
Stand, 19.Dezember 2019
Absichtliche Verzögerung, Unwissenheit oder unklare politische Ansage? Woran liegt es, dass derzeit 35.000 Antragsteller von Residence Visa auf eine Entscheidung warten? Mittlerweile gehen die wildesten Verschwörungstheorien und Anschuldigungen durch die Presse. Was kann ich als deutscher Antragsteller unterstützend unternehmen, damit mein Antrag auf die Aufenthaltsgenehmigung in Neuseeland nicht im Berg der unzähligen unbearbeiteten Anträge untergeht?
Der langjährige Einwanderungsberater Peter Hahn aus Wellington beobachtet die Lage für seine Kunden sehr genau. Sein Alltagsgeschäft ist es, die Anträge seiner Kunden so gut zu managen, dass sie schnell und zielsicher von der Immigrationsbehörde bearbeitet werden. „Es gibt viele Spekulationen nach welchen Prioritäten einzelne Anträge herausgepickt und dann vielleicht bevorzugt bearbeitet werden. Wir sehen häufig, dass Antragsteller manchmal unter Zeitdruck ihre Formulare notdürftig ausfüllen. Oft haben sie bereits ein Arbeitsvisum und sind schon in Neuseeland. Nach der Eingewöhnungsphase gibt es viel zu tun und die Beantragung des Residence Visums gerät in Vergessenheit. Läuft dann das Work Visa aus, muss schnell gehandelt werden – leider oft unüberlegt. Das ist die ungünstigste Voraussetzung“, gibt Peter Hahn zu bedenken. „Oft muss dann erneut ein Arbeitsvisum beantragt werden, weil der Residence Antrag zu lange dauert. Somit wird die gesamte Antragsflut noch größer – derzeit eine echte Spirale und kein Ende in Sicht!“
Die Wartezeiten sowohl für Residence Visa als auch für Work Visa sind momentan extrem lange. Alleine 35.000 Residence Anträge hängen gerade bei der neuseeländischen Einwanderungsbehörde fest und warten auf Bearbeitung. Im April vergangenen Jahres waren es nur 15.000. Dabei ist die Zuwanderung selbst auf einem Niedrigniveau, es kommen momentan so wenige Immigranten mit einem Residence Visum nach Neuseeland wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Die Labour Regierung hatte es sich bereits im Wahlkampf auf die Fahne geschrieben, die Zahl der Einwanderer auf 50.000 bis 60.000 pro Jahr zu begrenzen. „Allerdings viel zu lange war die Einwanderungspolitik schlecht gemanagt. Zu dieser Zeit kamen unzählige Studenten vorwiegend aus Asien, Indien und von den Philippinen ins Land. Aufgrund der damaligen Bestimmungen konnten sie einfache Business-Studiengänge an Privatuniversitäten belegen und dann durch ihre Work-Visa und ein Work-to-Residence Verfahren später relativ simpel ihre Aufenthaltsgenehmigung bekommen“, erklärt der Immigrationsberater. „Viele davon endeten dann unter dem Begriff ‚Manager‘ in Restaurants und Call Centern. Das beeinflusste die grundsätzliche Stimmung gegen Einwanderung im Land massiv. Letztendlich wurde pauschalisiert und jetzt müssen alle Einwanderungsinteressierten darunter leiden, denn die Politik handelte mit dem Regierungswechsel und verschärfte die Regulierungen.“ Heute sind die Bedingungen beispielsweise für einen Residence Antrag viel anspruchsvoller geworden. Und noch immer hängen viele alte Anträge in der Bewerberflut fest.
„Aus dieser Situation und dem ständigen Wechsel von Sachbearbeitern bei der Behörde sind die Wartezeiten derzeit für alle Visa-Anträge extrem lange geworden“, bestätigt auch Peter Hahn.
„Deutsche Fachkräfte sind allerdings nach wie vor erwünscht, man darf sich da nicht abschrecken lassen. Nur spiegelt sich das momentan in den Bewerbungsverfahren gar nicht wieder“, bedauert er. Auch das Interesse von Deutschen an Neuseeland ist nach wie vor vorhanden, nur jedes einzelne Verfahren bedeutet jetzt mehr Arbeits- und Zeitaufwand. „Es ist jetzt wichtiger denn je geworden, seine Visaanträge mit Bedacht und guter Planung zu managen. Habe ich beispielsweise nur ein Work Visa für ein Jahr, muss ich den Residence Antrag gleich mit stellen, damit ich die lange Bearbeitungszeit überbrücken kann. Je höher ein Job dotiert ist und je besser die Qualifikation, desto eher bekommt man sein Arbeitsvisum auch für einen längeren Zeitraum. Viele unserer Kunden haben zunächst das Work Visa für drei Jahre. Da hat man genügend Spielraum, bis der Residence Antrag durch ist“, erklärt der Immigrationsberater. „Wir haben auch den Eindruck gewonnen über die letzten Monate, dass gut vorbereitete Anträge hochqualifizierter Einwanderer priorisiert werden bei der Bearbeitung. Man sollte so ein Verfahren einfach richtig gut vorbereiten, alle Unterlagen übersichtlich sammeln und alle Nachweise, die erforderlich sein könnten, gleich beifügen, sonst dauert die Bearbeitung Ewigkeiten.“
Eine ausländische Antragstellerin beschwerte sich kürzlich in einer neuseeländischen Radiosendung über Immigration New Zealand: „Es dauerte schon mal einige Wochen, bis wir überhaupt einen Sachbearbeiter zugewiesen bekamen. Dann wollte der Officer immer mehr zusätzliche Informationen. Man hatte schon fast den Verdacht, er dachte sich stets neue Punkte aus, damit das Verfahren verzögert werden könne. Dann lief unser Arbeitsvisum aus, wir brauchten ein neues. Das hat dann noch mehr Geld gekostet und dauerte auch ewig.“ Peter Hahn kennt diese Problematik, dieses Prozedere scheint kein Einzelfall zu sein. Er weiß genau, wenn beispielsweise die Bezahlung im neuen Job unter Marktwert liegt oder die fünf Jahre Berufserfahrung aufgrund fehlender Zeugnisse nicht eindeutig nachgewiesen werden, kann ein Visa Antrag lange Zeit dauern und am Ende sogar scheitern.
„Leider ist momentan keine Besserung der Lage abzusehen. Die Einwanderungspolitik wird wohl auch wieder ein großes Wahlkampfthema in 2020, wenn die nächsten Parlamentswahlen anstehen. Letztendlich müsste wohl die Stimmung im Land wieder kippen und die Bevölkerung müsste sich stark dafür machen, dass Einwanderer erwünscht sind und dringend gebraucht werden“, resümiert Peter Hahn. „Dann würde sich auch die Politik wieder trauen, die Gesetze zu lockern, denn genügend Bedarf an ausländischem Personal ist in der neuseeländischen Wirtschaft definitiv vorhanden!“